Warum analog photographieren?

Analog photographieren kann weiterhin viel Freude bereiten, wenngleich die Ergebnisse in technischer Hinsicht nicht so leicht reproduzierbar sind wie mit der digitalen Technik. Es ist allerdings keinesfalls so, dass die digitale Technik „besser“ ist. Beispiel: Der Kontrastumfang eines exakt belichtet und entwickelten Schwarz-Weiß-Diapositivs (s.a. „Schwarz-Weiss-Umkehrprozess HDR-A-3D“)  ist sehr viel höher als der einer digital erstellten Aufnahme. Bei einer auch praktisch durchaus erzielbaren möglichen Maximaldichte (Dmax) von 4 (die Dichte wird gemeinhin als dekadischer Logarithmus der Opazität definiert) beträgt der Kontrast 1:10.000, d.h. die hellste Stelle im Bild ist tatsächlich zehntausendmal heller als die dunkelste. Weder Druck (Kontrastumfang hier nur bis ca. 1:100) noch die besten Monitore (Kontrastumfang bis zu 1:1400) können dies wiedergeben!

 

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Allerdings werden diese Werte nur bei exakter Belichtung und Entwicklung des analogen Filmmaterials erreicht und können auch nur in der Durchsicht (d.h. als Diapositiv) von unserem Sehorgan wahrgenommen werden. Auf die Stereoskopie angewendet bedeutet dies, dass wir diesen Seheindruck nur mithilfe eines durchleuchteten Stereodias im Linsenstereoskop erreichen können. Das oben Gesagte ist mühelos nachvollziehbar, wenn Sie versuchen sollten ein Stereodia mit einem hohen Kontrastumfang zu digitalisieren. Es wird im ersten Schritt nicht gelingen, da die Lichter „ausgefressen“ und die Schatten „abgesoffen“ erscheinen werden. Ein ausgewogener Seheindruck ist dann nur mittels weiterer Nachbearbeitung (Anhebung der Schatten bzw. Abschwächung der hellsten Stellen) zu erzielen.

 

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Ist analog photographieren günstiger als digital? Wie immer im Leben lautet die Antwort: Es kommt darauf an. Wenn Sie nur wenige Filme im Jahr belichten und bereits über eine analoge Ausrüstung (die geradezu „spottbillig“ ist: eine sehr gut erhaltene Belplasca bzw. Stereo Realist erhalten Sie heute für wenige hundert Euro) verfügen, ja. Wenn Sie aber mehrere hundert Filme (ein Fujifilm Velvia KB Film kostet derzeit ca. 25 EUR, dazu kommen die Kosten für Porto und Versand an das Labor plus Entwicklungs- und Rahmungskosten) belichten, sicherlich nein. Mit Digitalkameras der neuesten Generation (bis über 100 Bilder pro Sekunde), sind an einem Nachmittag schnell mal einige tausend Bilder gemacht. Sie denken vielleicht auch, „es kostet ja nichts“. Falsch: Es kostet Ihre Lebenszeit die Bilder zu sichten, die meisten davon wieder zu löschen und dann die wenigen gelungenen Bilder digital nachzubearbeiten (manche Profis brauchen hierzu viele Stunden für ein einziges Bild). Auch das Hantieren mit dem analogen Equipment, selbst das Einlegen eines Rollfilmes ist ein haptisches Erlebnis, welches „entschleunigt“. Hochkomplexe Techniken, wie z.B. die neueste CF Express-Karte mit exorbitanter Schreib- und Lesegeschwindigkeit oder auch ständige Updates Ihrer Firmware bzw. Bildbearbeitungssoftware sind glücklicherweise nicht erforderlich. 5 unwiederbringliche Stereobilder auf einem Rollfilm zu belichten, zwingt Sie zum Überlegen ob die Aufnahmen der Mühe und Kosten wert sind. Ein analog erstelltes Dia lässt sich nicht nachbearbeiten, auch das spart Zeit. Sie haben bei der Aufnahme tatsächlich ein Abbild der realen Situation erstellt.
 
 
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Ich gehe jetzt nicht so weit zu unterstellen, dass es etwas Mystisches ist, wenn das auf den Film fallende Licht das Bild durch eine photochemische Redoxreaktion der Silberhalogenide (Silberchlorid bzw. -bromid) zunächst nur latent (elementare, nicht sichtbare Silbercluster), dann später durch das Entwicklerbad sichtbar entstehen lässt. Aber faszinierend ist dies dennoch. Dagegen ist die neuerdings mögliche „generative Bildentstehung“ durch KI mittels spezieller Algorithmen im Grunde genommen banal. Sie brauchen noch nicht einmal einen Photoapparat um auf den ersten Blick phantastische Bilder zu erzeugen! Es genügt dem System mündlich mitzuteilen, was Sie dargestellt haben wollen. Sehr interessant dazu ist die Meinung des australischen Naturphotographen Duade Paton: „Is AI and Technology Ruining Photography?“, welche Sie auf YouTube aufrufen können.

Wenn Sie ein wirkliches Abbild der von Ihnen real erlebten Situation – und kein Fake – erstellen möchten, empfiehlt sich weiterhin die Verwendung der analogen Technik, besonders in ihrer stereoskopischen Variante!