Schwarz-Weiss-Positive auf Glasplatten waren in der Anfangszeit der Stereoskopie weit verbreitet, zumeist in den Formaten 8,5 x 17, 6×13 und 45×107. Diese entstanden aber durchweg durch Umkopieren der zuvor erstellen Negative in speziellen Umkehrrahmen. Es sind nicht unbedingt die technisch hochwertigen Aufnahmen von monumentalen Sakralbauten der vergangenen Jahrhunderte, die auch heute noch auf den meist männlichen Betrachter einen besonderen Reiz ausüben.
In den 90er Jahren wurde der erste Schwarz-Weiss-Umkehrprozess für zahlreiche Filme verschiedener Hersteller durch David Wood in den USA unter der Bezeichnung dr5.chrome entwickelt, als kommerzieller Prozess jedoch erst 1997 angeboten.
1995 stellte die Firma AGFA ihren kommerziellen Dia-Direkt-Entwicklungsprozess unter dem Namen AGFA SCALA zusammen mit dem eigens dafür hergestellten Filmmaterial (AGFA SCALA 200) vor. Die seinerzeit damit erzielbaren Ergebnisse waren gut, die erreichbare Maximaldichte noch verbesserungswürdig.
Nach Konkurs der Firma Agfa im Jahr 2005 wurden die Restbestände abverkauft und in Deutschland von zunehmend weniger werdenden Fachlaboren (u.a. dem renommierten PHOTO STUDIO 13 in Stuttgart bis Dezember 2021) auch noch entwickelt. Seither gab es so gut wie keinen kommerziellen Anbieter mehr für die fachgerechte Entwicklung von Schwarz-Weiss-Negativfilmen zu Diapositiven. Auch David Wood stellte seinen Regelbetrieb im Dezember 2022 ein.
Klaus Wehner in Paderborn hat in den letzten Jahrzehnten mehrere ausgezeichnete Umkehrprozesse für die Selbstverarbeitung entwickelt, zuletzt für den seit Jahrzehnten bekannten und auch noch leicht erhältlichen Standardfilm Ilford FP4plus. Die entsprechenden Chemie-Kits können direkt bei ihm bezogen werden (Kontaktaufnahme unter: klaus.wehner@web.de). Die damit erzielbaren Ergebnisse sind hervorragend und übertreffen in ihrer Qualität den – nicht mehr verfügbaren – SCALA Prozess in allen wesentlichen Belangen (Kontrast, Maximaldichte).
Ich habe im März 2024 begonnen für die Stereoskopie eigene Schwarz-Weiss-Umkehrprozesse zu entwickeln, die es ermöglichen konventionelle Schwarz-Weiss-Negativfilme direkt zu Diapositiven zu entwickeln. Die erste Hürde, die es zu überwinden galt, war die Beschaffung der notwendigen Chemikalien. Früher ging man in die Drogerie und bekam seine Wünsche dort umgehend erfüllt. Heute ist dies – u.a. dank unserer islamistischen Mitbürger, die mitunter gerne sich selbst und andere in die Luft sprengen – leider nicht mehr ohne weiteres möglich. Vor dem Erwerb der für den Prozess notwendigen Substanzen (u.a. Schwefelsäure, Kaliumpermanganat, etc.) müssen daher zunächst dem Lieferanten eine Deklaration über die beabsichtigte Verwendung sowie ein Identitätsnachweis übermittelt werden. Das zweite Problem besteht darin ein Rezept zum Selbstansatz zu finden, welches auch tatsächlich die gewünschten Ergebnisse liefert. Ich habe mit dem von der Firma Ilford veröffentlichten Rezept begonnen, welches bei mir jedoch durchgehend zu sehr schlechten Ergebnissen führte. Verantwortlich dafür mache ich den empfohlenen Zusatz von Natriumthiosulfat zum Erstentwickler. Hierdurch wurden wohl die Silberhalogenide schon vor der Zweitentwicklung aus der Schicht gelöst, so dass im Ergebnis sehr flaue Bilder mit einer miserablen Maximaldichte (deutlich unter 2) resultierten.
Das zugrundeliegende Prinzip des Schwarz-Weiss-Umkehrprozesses besteht darin einen geeigneten Negativfilm zunächst wie üblich zu entwickeln, diesen dann aber nicht zu fixieren. Vielmehr muss das durch die Entwicklung gerade entstandene Silberbild mittels eines Bleichbades wieder völlig entfernt werden um eine „Matrize“ des Bildes aus noch nicht entwickeltem Silberhalogenid zu erhalten. Diese wird dann mittels eines Klärbades auf den nächsten Schritt vorbereitet: Durch eine gleichmäßige diffuse Lichtexposition des gesamten Filmes unter standardisierten Bedingungen unter einer geeigneten Lichtquelle wird die Matrize belichtet. Im nun folgenden Schritt wird der Film erneut entwickelt und dann fixiert. Zwischen allen Schritten müssen Wässerungen eingefügt werden um die vorhandene Chemie zu entfernen und nicht in das nächste Bad zu verschleppen. Die Dauer der standardisierten Prozesse bei 20 Grad beträgt knapp unter 1 Stunde (den Ansatz der notwendigen Chemikalien nicht eingerechnet). Die einzelnen Schritte müssen in der Zusammensetzung und Konzentration der Chemikalien, der jeweiligen Einwirkzeit und Temperatur genau auf den jeweils verwendeten Film abgestimmt werden um ein zufriedenstellendes Resultat zu erhalten. Ich hatte hierbei nicht das Gefühl, dass dies durch die Anwendung der auch im Internet zugänglichen Empfehlungen funktioniert. Nach über 30 Fehlversuchen habe ich dann einfach mehrere Filmsorten in Standardrezepturen mit verschiedenen Konzentrationen und Zeiten getestet und letztendlich auf diese Weise 2 Prozesse gefunden, die gute Ergebnisse ablieferten. Bislang einziges Manko: Die Prozesse funktionierten bei mir nur mit einer Filmsorte eines Herstellers. Randbemerkung: Auch das Penicillin wurde durch Zufall gefunden und nicht durch systematische Forschung!
Die erhaltenen Diapositive verfügen über einen Kontrastumfang von annähernd 10 Blendenstufen. Dieser enorme Dynamikumfang kann nur im Durchlicht mit einer spezieller Beleuchtung visuell wahrgenommen werden. Eine Darstellung auf einem Monitor ist so nicht möglich, noch weniger als Ausdruck (Kontrastumfang hier nur ca. 1:80). Um ein solches Schwarz-Weiss-Dia überhaupt auf dem Monitor zufriedenstellend abbilden zu können, müssen daher – nach Digitalisierung des analogen Bildes – vorher in einem Bildverarbeitungsprogramm der Kontrast reduziert, die Lichter abgeschwächt und die Schatten angehoben werden.
Die gemessenen Maximaldichten (Dmax = negativer dekadischer Logarithmus der Opazität) bei den von mir entwickelten Prozessen liegen derzeit bei 4,2 (bei 64 ASA) bzw. 3,4 (125 ASA). Die Minimaldichte (Dmin, auch als Schleier bezeichnet) liegt bei 0,15. Die Messungen erfolgten mit einem Densitometer der Firma Heiland electronic Wetzlar Typ TRD-Z.
Besonders danken möchte ich auch Herrn Dipl.Ing. Heribert Schain von der Firma SPUR, der mir wertvolle Tipps für die Zusammensetzung der Erst- und Zweitentwickler gegeben hat obwohl er sich eigenen Angaben zufolge nie mit dem Schwarz-Weiss-Umkehrprozess beschäftigt hat.
Eine stereoskopische Betrachtung der obigen Beispielaufnahmen ist entweder auf einem Smartphone mittels einer einfachen Stereobrille (z.B. OWL Stereoscopic Viewer der London Stereoscopic Company von Brian May) oder auf einem Monitor mittels eines Spiegelstereoskops (z.B. Berezin ScreenVu Mini) möglich.