Stereoskopie (3D)

Unter Stereoskopie (3D) versteht man zunächst einmal die den meisten Menschen und vielen Tieren angeborene Fähigkeit, dreidimensional zu sehen. Hier geht es jedoch um die Wiedergabe von Bildern mit einem räumlichen Eindruck von Tiefe, der physikalisch in einer zweidimensionalen Abbildung eigentlich gar nicht vorhanden ist. Der Eindruck eines räumlich wahrnehmbaren Bildes beruht darauf, dass die dem linken bzw. rechten Auge unter verschiedenen Blickwinkeln angebotenen Bilder in unserem Gehirn zu einem räumlichen Eindruck verschmelzen. Diese hochkomplexe Sehleistung setzt u.a. ein beidäugiges Sehen voraus. Das Prinzip wurde bereits Jahre vor der Entdeckung der Photographie von dem englischen Physiker Charles Wheatstone erstmalig wissenschaftlich beschrieben.

Die Erstellung von Stereobildern erfolgte bislang meist photographisch (Aufnahme von 2 Teilbildern im Augenabstand mit einer geeigneten Kamera in analoger oder digitaler Technik) oder auch zeichnerisch. Neuerdings ist es aber auch möglich Stereobilder mittels KI-Software aus normalen 2D-Bildern (Aufsichtsbilder) oder sogar nur durch Texteingabe zu erstellen. Für diese Art der 3D-Bildgenerierung trifft nach Meinung des Autors dieser Zeilen am besten der Paragraph 6 des Kölner Grundgesetzes zu: „Kenne mer nit, bruche mer nit, fott domet“.

Stereobilder (auch Raumbilder, 3D-Photos oder kurz Stereos genannt) wurden üblicherweise immer nur in speziellen Stereoskopen (vor allem Linsenstereoskope, aber auch Spiegelstereoskope) betrachtet.

 

Stereohandbetrachter im Format 6×13, hergestellt 1929 von der Firma Gaumont in Paris, verstellbarer Augenabstand mittels Drehrad (oben rechts), Schärfeeinstellung ebenfalls mittels Drehrad (rechts unten)

Diese Betrachtungsweise ist auch weiterhin als Referenzmethode zu bezeichnen wenngleich neuere Methoden (großflächige Projektion auf eine Leinwand und Betrachtung mittels spezieller Brillen) in der Allgemeinheit zuletzt breitere Anwendung fanden.

 

Geländer Nordsternpark Gelsenkirchen Juli 2023 (Aufnahme mit Rolleidoscop 6×13 auf 120er Rollfilm Ilford FP4plus, Selbstentwicklung zum Schwarz-Weiß-Dia im modifizierten Umkehrprozess nach Klaus Wehner), Stereogramm in Side-by-Side Technik erstellt mit dem Programm StereoPhoto Maker Pro

Leider ist es bislang nur mittels hochkomplexer Techniken (Lenticular Display, spezielle Software und Erfassung des individuellen Augenabstands durch 2 Kameras oberhalb des Monitors) möglich dem Betrachter durch die Präsentation der jeweiligen Teilbilder auf einem Monitor den gewünschten Raumeindruck ohne zusätzliche Sehhilfen (sogenanntes autostereoskopisches Sehen) zu vermitteln. Da diese Techniken nur ganz Wenigen zur Verfügung stehen, muss hier auf leichter zugängliche – aber qualitativ deutlich schlechtere – Alternativen zurückgegriffen werden. Dies ist auch der Grund warum ich bislang keinerlei Stereobilder auf meiner Website präsentiert habe obwohl ich mich seit Jahrzehnten damit befasse.

Durch die Betrachtung und Einfärbung der Teilbilder durch Filter (hier: Rot und Cyan) gelingt es aber zumindest einen Raumeindruck zu vermitteln. Dies wird als Anaglyphentechnik bezeichnet. Voraussetzung für die Betrachtung eines Anaglyphenstereogrammes auf dieser Website ist daher lediglich der Besitz einer sehr preiswerten Pappbrille mit rot bzw. cyan eingefärbten Folien. Diese kann z.B. online erworben werden (Bezugsquellen finden Sie durch Eingabe des Begriffes „rot cyan brille“ in einer Suchmaschine). Ein Vorteil dieser Technik – im Vergleich zur der im Folgenden beschriebenen – ist, dass die mögliche Größe des Stereobildes nur durch die Monitorabmessungen begrenzt ist.

Sossuvlei Namibia

 

Sossuvlei Namibia (Stereogramm in Anaglyphentechnik rot-cyan)

Eine weitere Möglichkeit die Teilbilder dem linken bzw. rechten Auge zuzuführen besteht darin die Teilbilder Seite an Seite zu einem Parallelstereogramm (auch side-by-side Stereo genannt) zu montieren und dann durch ein sehr preiswertes Linsenstereoskop aus Kunststoff (z.B. der „lite owl 3d viewer) auf einem konventionellen Smartphone zu betrachten. Durch die neuerdings sehr hohe Auflösung der Smartphone-Displays ist der Raumeindruck überraschend gut. Entscheidend ist hierbei allerdings, dass der Abstand und auch die Größe der Teilbilder möglichst nicht über dem Abstand unserer Augen (ca. 65 mm) liegen. Folglich ist es auch nicht möglich größere Teilbilder ohne spezielle Sehhilfen (Prismen) auf Monitoren bzw. Tablets zu einem Raumeindruck zu verschmelzen.

Eine solche „Stereobrille“ (Berezin ScreenVU mini), die im Prinzip wie ein kleines Spiegelstereoskop arbeitet und sogar die Möglichkeit unterschiedlicher Betrachtungsabstände beinhaltet, ist seit kurzem bei dem amerikanischen Anbieter Berezin erhältlich. Hiermit können Sie auch Stereobilder deren Einzelbildabstand deutlich über 65 mm liegt auf dem PC Monitor oder einem Tablett betrachten.

Kleinformatige Stereobilder können von zahlreichen Personen (mit etwas Übung schafft es fast jeder) auch mittels Kreuzblick (englisch: cross eye view) angesehen werden. Hierfür muss bei der Erstellung des Stereobildes das linke Teilbild rechts und das rechte Teilbild links montiert werden. Der Betrachter zwingt seine Augen dabei in eine stark konvergierende Schielstellung, so dass das rechte Auge links wieder das rechte Bild und das linke Auge rechts das linke Bild wahrnimmt. Diese Methode ist die am meisten genutzte Möglichkeit Stereobilder ohne jede technische Hilfe anzusehen. Nur sehr wenige Betrachter sind in der Lage seitenrichtig montierte Stereobilder mittels Parallelblick ohne technische Hilfsmittel (wie z.B. Lupenbrille, Spiegelstereoskop) dreidimensional wahrzunehmen, da die Akkommodation auf den Nahbereich physiologischerweise immer mit einer Konvergenz der Sehachsen einhergeht. Nähere Informationen zur Sehtechnik des Kreuzblicks finden Sie auf der Website: http://stereoauge.de/kreuzblick-methode

Falls Sie mit dieser Methode des Stereosehens zurechtkommen, schauen Sie doch mal auf meine Seite Stereobilder Antarktis.

Die letzte hier vorgestellte Möglichkeit besteht darin, die Teilbilder mit einem speziellen Beamer zu projizieren, wobei die Trennung der Bilder durch die Verwendung von Polfiltern oder sogenannter Shutter-Brillen in Verbindung mit einer speziellen Softwarelösung erzielt wird.

Im Folgenden sind Beispiele für die verschiedenen Sehtechniken anhand von 2 verschiedenen Stereobildern aufgeführt:

Autowrack Morris Eight – Namibia (Side-by-Side für Mobiltelefon und Kunststoffbetrachter)

Autowrack Morris Eight – Namibia (Anaglyphe zur Betrachtung mit Rot-Cyan-Brille)

Autowrack Morris Eight – Namibia (Side-by-Side für Projektion)

Autowrack Morris Eight – Namibia (Kreuzblick)

Königspinguine Saint Andrews Bay Südgeorgien (Side-by-Side für Mobiltelefon und Kunststoffbetrachter)

Königspinguine Saint Andrews Bay Südgeorgien (Anaglyphe zur Betrachtung mit Rot-Cyan-Brille)

Königspinguine Saint Andrews Bay Südgeorgien (Side-by-Side für Projektion)

Königspinguine Saint Andrews Bay Südgeorgien (Kreuzblick)

Anmerkungen: Um die Ladezeiten in Grenzen zu halten wurden die Bilder auf eine Größe von unter 2 MB reduziert. Die side-by-side Stereos wurden entsprechend der internationalen Gepflogenheit auf „Scheinfenster“ montiert. Bei der Erstellung der Anaglyphenstereos wurde dagegen zugunsten einer besseren Erkennbarkeit bewusst darauf verzichtet.

Die hier gezeigten Stereobilder wurden analog mit einer Stereokamera der Firma Franke & Heidecke (Rolleidoscop 6×13, Baujahr 1933) auf Rollfilm 120 aufgenommen. Die Digitalisierung erfolgte mittels einer Nikon D850 DLSR mit einem Makroobjektiv (Micro-Nikkor 55/2.8 AiS). Die RAW-Aufnahmen wurden dann mit den Programmen Capture One Pro sowie StereoPhoto Maker Pro (64bit) bearbeitet.

Weitere Informationen zur Stereoskopie finden Sie auf der Website der Deutschen Gesellschaft für Stereoskopie